Auszug aus der Dorfchronik: “925 Jahre Wehrendorf” in dem der Fund einer Steinaxt und eines Steinbeils auf dem Wehrendorfer Berg beschrieben wird:
Im Juni des Jahres 1932 hackte der Wegewärter Friedrich Harmeyer (den älteren Wehrendorfern als Harmeyer Bleuwken Blaufärber- bekannt) mit seiner damals 10-jährigen Enkeltochter Henny Harmeyer (heute Gottschalk) im Gemüsegarten die Kartoffeln. Mit Aufmerksamkeit bückte sich auf einmal Friedrich Harmeyer und hob vom Boden einen Stein auf und sagte zu seiner Enkelin: „Henny kiek mol, ick häv hie einen Steen mein Loch fun”. Verwundert schauten sich beide den Stein an. Unter der Schwengelpumpe gereinigt, entpuppte sich dieser Stein mit Loch als eine Steinaxt.
Wie sich erst Im Sommer des Jahres 1997 nach einer wissenschaftlichen Untersuchung herausstellte, haben die beiden das sicherlich älteste Zeugnis menschlicher Anwesenheit in der Wehrendorfer Gemarkung gefunden. Wie die Wissenschaftler des Naturkundlichen Museums Osnabrück herausgefunden haben, handelt es sich bei dieser Axt um eine 5000 bis 6000 Jahre alte „Rössener Axt”. Sie ist damit älter als die ältesten Pyramidenbauten in Ägypten und die bekannten Großsteingräber im nördlichen Europa.
Was waren das für Menschen, denen diese Axt gehörte?
In Mitteleuropa gab es zu jener Zeit den Übergang von der mittleren Steinzeit zur Jungsteinzeit. In dieser Zeit fingen die Menschen an, hier sesshaft zu werden und Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Das Leben als Jäger und Sammler ging langsam zu Ende. Es bildeten sich jedoch noch keine Stämme oder gar Völker oder Staaten in der aus der Geschichte bekannten Form. Es waren vielmehr Familien, vielleicht auch Sippenverbände, deren Abgrenzung zu anderen Bevölkerungsgruppen bestimmt wurden durch die Verwendung bestimmter Werkzeuge und Gefäße bzw. deren Formen und Fertigungstechniken. So gesehen sind die Benutzer der gefundenen „Rössener Axt” — der Name ist entlehnt von einem ersten Finder oder von einem besonderen Fundort — einem Kulturkreis zuzuordnen, der im Wesentlichen in den Grenzen des heutigen deutschen Sprachgebietes vor allem die fruchtbaren Lößböden besiedelte. Die nördliche Begrenzung ihrer Siedlungsgebiete bildeten eigentlich die sogenannten Bördegebiete. Der Fund der Axt im wesentlich weiter nördlich gelegenen Wehrendorf bedeutet, daß sich Menschen des „Rössener Kulturkreises” der „Miniaturlößinseln” an den Nordhängen des Wiehengebirges, also auch bei uns in Wehrendorf bemächtigt haben und hier gesiedelt haben. Es spricht einiges dafür, dass die Menschen aus diesen Siedlungen in den Sommermonaten auch im heutigen Dümmergebiet der Jagd und dem Fischfang nachgingen. Für diese These sprechen Funde aus dem Gebiet der Ortschaft Hüde.
So gesehen könnten die Menschen, denen die auf dem Wehrendorfer Berg gefundene Steinaxt gehörte, unsere direkten Vorfahren sein.
Auch ein Steinbeil wurde in Wehrendorf gefunden, ein sogenanntes „Dünnblattiges FlintRechteckbeil”. Als Jugendlicher, etwa zwischen 1946 und 1950, fand es Karlheinz Walkenhorst auf dem Hehenkamp auf dem Wehrendorfer Berg. Erst 1998 wurde es von
Wissenschaftlern genau bestimmt. Auch diese Beilklinge aus Flint (Feuerstein) ist vollkommen erhalten und beweist, dass auch während der mittleren Jungsteinzeit vor 3500 bis 2800 v. Chr. Menschen der „Trichterbecherkultur” sich bei uns niedergelassen haben. Sie haben hier erstmals in der Geschichte der Menschheit, und zwar dauerhaft, Ackerbau und Viehzucht betrieben. Ihre Toten bestatteten sie zunächst in Großsteingräbern, von 2800 bis 1800 v. Chr. in flachen Erdgräbern oder in Baumsärgen unter mächtigen Erdaufschüttungen. Das gefundene Flint-Rechteckbeil könnte eine Grabbeigabe gewesen sein.
(Das beide Werkzeuge, nämlich die Steinaxt sowie das dünnblattige Flint-Reckteckbeil, auf dem Wehrendorfer Berg gefunden wurden, beweist allerdings nicht, dass die „Berger” schon vor Jahrtausenden fleißiger waren als die Leute aus dem Dorfe…).
Hans Gottschalk/Arnold Schmieder