„Henny kiek mol, ick häv hie einen Steen met`n Loch fun!“
Diese Worte rief Friedrich Harmeyer vom Wehrendorfer Berg seiner Enkeltochter zu, als er im Jahre 1932 beim Kartoffelhacken einen ungewöhnlichen Stein mit Loch entdeckte.
Erst nach der Reinigung entpuppte sich dieser als eine vorgeschichtliche Steinaxt, die nach wissenschaftlicher Untersuchung auf 2000 bis 3000 v.Chr. datiert wird. Damit handelt es sich um das älteste Zeugnis menschlicher Kultur in der Wehrendorfer Umgebung.
Der fruchtbare Lößboden am Nordhang des Wiehengebirges, gelegen zwischen den waldreichen Höhenzügen und den feuchten Niederungen des Bruches, soll zusammen mit dem ganzjährig verfügbaren Wasser des Wehrendorfer Mühlenbaches schon vor ca. 5000 bis 6000 Jahren feste Ansiedlungen mit Ackerbau und Viehzucht ermöglicht haben. Der Wasserlauf erlaubte auch den Betrieb von Mühlen die zum Sägen von Holz, Mahlen von Getreide und später auch zur Stromversorgung von Wehrendorf genutzt wurden.
Trotz der frühen Ansammlung im Wehrendorfer Berg, stammt die erste urkundliche Erwähnung aus dem Jahr 1074, in dem die Einkünfte des Ortes (noch unter dem Namen „Wernapi“) an den Bischof Benno übertragen wurde.
Während sich Menschen in Rodungen auf dem Wehrendorfer Berg ansiedelten, entstand auch eine Siedlung am Fuße des Berges. Hier entstand auch als bischöfliches Lehen das Haus Buddemühlen, das damals noch Wedersmole genannt, zum ersten male im 14. Jahrhundert erwähnt wird.
Zu dieser Zeit sah die Buddemühle jedoch noch lange nicht so aus, wie wir sie heute kennen. Über die Jahrhunderte wurde sie immer wieder verändert. Neue Anbauten kamen dazu, alte Mauern verschwanden.
Wie sich das Gebäude über die vielen Jahre veränderte, wechselten auch die Besitzer und der Nutzen der Buddemühle stetig. Nach dem Verkauf 1565 an von Varendorf errichtet dieser ein Herrenhaus aus der Buddemühle, welches 1851 jedoch wegen Baufälligkeit abgebrochen wird.
Das Gebäude diente nicht nur allein als Wohnraum, sondern war auch von hoher Bedeutung wegen der Fischerei, dem Jagd- und Mühlenbetrieb. Das Gut war daher ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor für Wehrendorf.
Ab dem späten18. Jahrhundert machte sich die Industrialisierung auch in Wehrendorf bemerkbar, wo bisher das bäuerliche Leben vorgeherrscht hatte. Neben den verschiedenen Handwerkern wie Dachdecker, Schmied und Zimmermann die es bereits im Ort gab, wurde im Jahre 1826 die erste Ziegelei Wehrendorfs an der heutigen Clamors Allee errichtet. Die Firma „Argelith“ hatte Ihren Ursprung als Kalkbrennerei mit der ca. 1870 in der Nähe des heutigen Standortes begonnen wurde. Später wurden dann die Tonvorkommen des Wehrendorfer Berges genutzt um auch Ziegel zu brennen.
Die Zeit des 18. Jahrhunderts war jedoch auch eine Zeit der großen Not für die Einwohner. Seuchen und Krankheit suchten den Ort heim. Hier war es vor allem die weiße und rote Ruhr der viele Wehrendorfer zum Opfer fielen. Alleine in den ersten zehn Monaten des Jahres 1741 starben 129 Menschen im Kreis Wittlage an den Folgen der Krankheit. Unter ihnen waren vor allem Kinder und alte Menschen.
Doch nicht nur die Seuchen ließen die Einwohnerzahl in Wehrendorf zunächst schrumpfen, im 19. Jahrhundert verließen viele (vor allem junge) Menschen unseren Ort, um in Amerika Ihr Glück zu suchen. In den Jahren 1836 bis 1873 wanderten 180 Wehrendorfer nach Amerika aus, die meisten erhofften sich dort ein politisch freies Leben. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ist insgesamt ein Drittel der Einwohner Wehrendorfs ausgewandert.
1891 gab es einen weiteren Meilenstein. Der neugegründete Eisenbahnbauverein plante eine Bahnverbindung zwischen Bohmte und Lübbecke herzustellen. Die Begeisterung über dieses Vorhaben hielt sich bei den Wehrendorfern in Grenzen und der Wehrendorfer Gemeinderat sprach sich gegen das Projekt aus. Dennoch erfolgte acht Jahre später der erste Spatenstich und sowohl die Eisbahnstrecke, als auch das Bahnhofsgebäude in Wehrendorf wurden am 09. August 1900 eröffnet.
Bereits wenige Jahre später musste die Bahntrasse, deren Verlauf im Ortsbereich erheblich von der heutigen Stecke abwich, verlegt werden. Der Grund war natürlich der Bau des Mittellandkanals, mit dem im Altkreis Wittlage ca. 1911 begonnen wurde. Die Wehrendorfer sahen auch dieses Großprojekt sehr kritisch, wurden doch Felder und Straßen geteilt, Bachläufe verlegt, einige Häuser abgerissen und der Ort an sich in zwei Teile geschnitten. Dennoch wurden schon 1912/13 die Wehrendorfer Kanalbrücken in Betrieb genommen und der Kanal am 15. Februar 1915 seiner Bestimmung übergeben.
Noch vor Fertigstellung dieses Projektes begannen die Kriegsjahre, die auch für die Wehrendorfer Bevölkerung große Einschnitte mit sich brachten.
Als der erste Weltkrieg ausbrach herrschte in Wehrendorf große Begeisterung und Patriotismus. Es gab viele Freiwillige, die sich zur Teilnahme meldeten, in dem Glauben, nach kurzer Zeit als Sieger in ihre Heimat zurückzukehren. Im Laufe der Kriegsjahre spürten sowohl die Soldaten an der Front, als auch die zurückgebliebenen Frauen und Kinder das Ausmaß des Krieges. In Wehrendorf herrschte ein akuter Arbeitskräftemangel und auch die Ernährungslage verschlechterte sich stetig. Im ersten Weltkrieg haben 32 Männer aus Wehrendorf ihr Leben gelassen. Nach Ende des Krieges und den danach folgenden Jahren der Wirtschaftskrise herrschte auch in Wehrendorf hohe Arbeitslosigkeit. Als Hitler am 30. Januar 1933 an die Macht kam hofften viele, dass damit die Wirtschaft angekurbelt und die lange Durststrecke der Arbeitslosigkeit und Zukunftsängsten beendet sei. In den folgenden Jahren folgten dann auch in Wehrendorf Gleichschaltung, das Verbot von Vereinen und der Ausschluss jüdischer Mitbürger aus öffentlichen Ämtern. Als am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg begann, blieb die Kriegsbegeisterung in Wehrendorf dieses Mal aus. In den folgenden sechs Kriegsjahren hatte der Ort vor allen unter Fliegerangriffen und Bombenabwürfen zu leiden, bei denen mehrere Zivilisten ums Leben kamen. Als am 04. April 1945 Britische Truppen durch Wehrendorf zogen und den Krieg bei uns beendeten, kam es zum Glück nicht zu Kampfhandlungen, da vorbereitete Panzersperren rechtzeitig geöffnet wurden. Es wurden aber die Kanalbrücken beim Rückzug durch die Wehrmacht gesprengt, was noch für viele Jahre den Verkehr in Wehrendorf stark behindern sollte. 40 Wehrendorfer Soldaten sind im Zweiten Weltkrieg gefallen oder als vermisst gemeldet worden.
Wie anderswo begannen auch die Wehrendorfer nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Wiederaufbau. Brücken wurden repariert, Straßen erneuert und neu erschlossene Siedlungsgebiete schafften Wohnraum für Einheimische und Vertriebene. Handwerk und Industrie siedelten sich an. Nach der Verbreiterung des Mittellandkanals in 70er Jahren entstand am Nordostrand des Ortes ein Gewerbegebiet mit Hafen und Gleisanschluss in dem heute mehrere Betriebe Ihren Sitz haben. Ein weiteres Gewerbegebiet entstand vor einigen Jahren östlich des Ortes an der B65.
In Wehrendorf findet man heute Betriebe für Metallverarbeitung, Keramikproduktion, Recycling, Holzverarbeitung und Handel, Händler für Autos und Ersatzteile, einen Genossenschaftsmarkt, zwei Tankstellen, ein Fitnessstudio, sowie mehrere Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe.
Wichtig für die Dorfgemeinschaft sind auch die Wehrendorfer Grundschule und der Wehrendorfer Kindergarten. Beide wurden in den letzten Jahren teilweise erheblich erweitert um dem Bevölkerungswachstum hier und in den umliegenden Orten zu begegnen. Mit 1717 Einwohnern ist Wehrendorf eine der größten Ortschaften in der Gemeinde Bad Essen.
Wir freuen uns das wir in diesem Jahr unseren 950. Geburtstag feiern können und laden alle Bewohner und Freunde des Ortes zu unserem Festwochenende mit Umzug ab dem 30. August herzlich ein.